Notfunk

Als Notfunk bezeichnet man einen Funkbetrieb, mit dem Funkamateure im Rahmen ihrer Möglichkeiten in Not- und Katastrophenfällen Hilfe leisten. Funkamateure können dann Hilfsorganisationen und andere Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) unterstützen oder empfangene Notrufe an diese weiterleiten.

Ich an der Feldvermittlung

Ich an einer Feldvermittlung für 10 Feldtelefone und 2 analoge Amtsleitungen. Auf der Feldvermittlung ein 2m/70cm-Funkgerät, ein SWR-Meter für CB und ein CB-Handfunkgerät. Neben der Vermittlung sieht man ein Stück des C-Phones (CB-Mobilfunkgerät) und einer Stationsantenne.

Von jeher haben Funkamateure weltweit ihre Gerätschaften und ihr Wissen für Hilfeleistungen zur Verfügung gestellt. Für Notrufe, bei Naturkatastrophen, in Entwicklungsländern, bei Kriegen, dringend benötigten Medikamenten, Seenotfällen. Gleichgültig bei welcher Krisenlage, Funkamateure sind bei einem Ausfall der kommerziellen Telekommunikationsnetze weltweit oft die ersten, die wieder Kontakt zur Außenwelt herstellen können.
Um eine interkontinentale Funkverbindung auf Kurzwelle aufzubauen, reichen neben den nötigen Kenntnissen über die Ausbreitungsbedingungen, einige Meter Draht als Antenne - notfalls zwischen Trümmern und Bäumen gespannt - eine Batterie oder Solarzelle, und ein (selbst gebautes) Funkgerät mit ca. 1 bis 5 Watt Sendeleistung und eine Morsetaste oder ein Mikrofon aus.

Inhaltsverzeichnis
  1. Ist Notfunk in der heutigen Zeit überhaupt noch nötig?
  2. Beispiele für Notfunk
  3. Was kann Notfunk?
  4. Welches Material sollte ich bereithalten?
    1. Notfunkausrüstung
    2. Notfunk-Station zu Hause
    3. Notfunk-Stationen mobil
  5. Notfunkfrequenzen
  6. Aufnehmen und Absetzen eines Notrufes

Ist Notfunk in der heutigen Zeit überhaupt noch nötig?

Man könnte meinen, in der Zeit der heutigen vielfältigen Kommunikationsmittel, wäre der Notfunk obsolet. Jedoch sollte man dabei beachten, dass die heutigen modernen Kommunikationsmittel auf Strom angewiesen sind und nur die wenigsten eine Notstromversorgung zu Hause haben. Ebenso erhöht sich die Ausfallgefahr duch die Umstellung der bisherigen analogen bzw. digitalen (ISDN) Telefonanschlüsse auf All-IP-Lösungen - fällt hier der Internetzugang aus, so ist das Telefon gleich mit weg; und der Internetzugang ist anfälliger, weil es keine Notstromversorgung aus der Vermittlungsstelle des Anbieters gibt (wie dies bei normalen Telefonanschlüssen der Fall war) und weil nicht mal die komplette Zugangstechnik notstromversorgt ist (man denke nur an die Outdoor-DSLAMs). Im GSM-Bereich hat man das Problem, dass die meisten Basisstationen keine oder nur eine geringe Notstromversorgung (bis zu 15 Minuten) haben.
Ähnlich sieht es auch im BOS-Bereich aus: hier wird immer mehr auf Digitalisierung, Netzwerktechnik und VoIP gesetzt. Beim analogen Behördenfunk bekam man bei Großeinsätzen (Flutkatastrophe etc.) Kapazitätsprobleme. Beim digitalen Funk (TETRA-BOS) wird zusätzlich noch hinzukommen, dass Stromausfälle problematischer sind - konnten im analogen Funk noch Solarzellen oder Stromerzeuger mit einem Funkgerät mit RS-1-Schaltung zur Kompensation aufgestellt werden, so gibt es im Digitalfunk zwar auch Repeater, mit denen so etwas möglich währe, die Reichweite ist aber geringer. Die Notstromversorgung einer Basisstation ist auch nur für bis zu 8h sichergestellt - bei längeren Stromausfällen müssen die Behörden dann irgendwie anders weitermachen.

Beispiele für Notfunk

  • 16.02.1962 - Sturmflut in Hamburg - Im Jahr 1962 hatten Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienste noch ihre eigenen Frequenzbereiche, es gab noch keinen einheitlichen BOS-Funk. Dies hatte zur Folge, dass diese Organisationen nicht in der Lage waren, direkt miteinander zu kommunizieren. Da Funkamateure durchstimmbare Geräte haben, konnten sie recht einfach aushelfen. Im Verlauf von 29 Stunden wurden über 400 Funksprüche (hauptsächlich im 80m-Band) abgesetzt oder empfangen. Hierbei ging es um Hilferufe nach Medikamenten, Anfragen nach Essen und Ärzten, Telegramme an Angehörige und Nachrichten an andere Behörden und Privatpersonen.
  • 28.12.1978 - Schneekatastrophe in Norddeutschland - In Schleswig-Hollstein kam es zu einer Schneekatastrophe, in deren Verlauf es zu einem Ausfall des Strom- und Telekommunikationsnetzes kam und das Problem auftrat, dass Hilfsorganisationen, Stromversorger, Bundeswehr und Bundespost aufgrund unterschiedlicher Frequenzen und inkompatiblen Systemen nicht miteinander kommunizieren konnten. Hier sprangen Funkamateure ein und besetzten Leitstellen, Werkstattwagen, Hubschrauber und Panzer und ermöglichten somit eine Koordinierung der Einsatzkräfte.
  • 19.09.1985 - Erdbeben in Mexiko-Stadt - In den ersten Tagen nach dem schweren Erdbeben in der Millionenstadt Mexiko-Stadt war Amateurfunk die einzige Verbindungsmöglichkeit von und nach dem Ausland.
  • 28.08.1988 - Flugzeugabsturz in Ramstein - Als nach dem Unglück bei der Flugschau in Ramstein das Telefonnetz zusammenbrach, setzten Funkamateure über mobile und portable Stationen Notrufe ab, leiteten Nachrichten weiter, organisierten dringend benötigte Blutkonserven und überbrachten Angehörigen Nachrichten von Überlebenden.
  • 23.02.1999 - Lawinenunglück in Galtür - Beim Lawinenunglück in Galtür im österreichischen Tirol brachen das Telefon- und Mobiltelefonnetz zusammen. Die Zufahrt nach Galtür war wegen Lawinengefahr gesperrt. Viele Urlauber waren dort mit den Dorfbewohnern eingeschlossen. Um die Verbindung nach außen sicherstellen zu können, wurde am Abend eine Funkschiene über Amateurfunk hergestellt, zunächst über 80 m, etwas später auch über das Zugspitzrelais auf 70 cm, über drei Tage lief der Notfunkverkehr über das Zugspitzrelais.
  • 11.09.2001 - Anschlag auf das World Trade Center - Nach Überlastung und Ausfall von Telefon und Internet infolge des Terroranschlags am 11. September 2001 wurde unter anderem auch der Siemens-Standort in Iselin, New Jersey abgeschnitten. Der deutsche Krisenstab bei Siemens erhielt Informationen über eine Amateurfunkstation von Siemens-Mitarbeitern in Deutschland, von wo aus eine Funkverbindung unter anderem zur New Yorker Niederlassung aufgebaut wurde.
  • 14.08.2002 - Elbehochwasser Deutschland - Bei Evakuierungen im Bereich Bitterfeld wurde der Betreuungszug des DRK Bernburg angefordert. Mit im Team sind sechs Funkamateure, die ihre privaten Funkgeräte mit in den Einsatz bringen. Der BOS-Funk war komplett überlastet, die Handynetze waren ebenso nicht nutzbar. Zwischen den vier Evakuierungsstellen, die teilweise mehrere Kilometer auseinander lagen, wurde die Kommunikation fast ausschließlich über das Amateurfunkrelais DB0WOF in Wolfen durchgeführt.
  • 26.12.2004 - Seebeben im Indischen Ozean - Bei der Flutwelle, die dem Erdbeben folgte, stellten Funkamateure, welche gerade zu einer DXpedition in dem Gebiet waren, ihre Funkgeräte zur Verfügung. Mit Hilfe herkömmlicher Autobatterien und einfacher Dipolantennen wurden Funkstationen errichtet und eine direkte Verbindung zum Katastrophenstab eingerichtet. Während der ersten beiden Tage nach dem Beben war der Amateurfunk die einzige Möglichkeit, Freunde und Angehörige auf dem indischen Festland zu informieren.
  • 23.08.2005 - Hurrikan Katrina - Die Funkamateure, die sich in dem Salvation Army Team Emergency Radio Network (SATERN) und im West Gulf ARES Emergency Net zusammengeschlossen haben, stellten mit ihren Amateurfunkstellen zusätzliche Kommunikationswege während des Hurrikan Katrina zur Verfügung, um zügigen Informationsfluss zu ermöglichen. Da die sonst üblichen UKW-Frequenzen wegen des großflächigen Stromausfalls nicht zu gebrauchen waren, da die Reichweite nicht ausreicht und die Relaisstationen dem Stromausfall zum Opfer gefallen waren, blieb nur, auf die Kurzwelle auszuweichen. Bis zu tausend Funkamateure waren täglich an diesen Funknetzen beteiligt und stellten kontinuierlichen Betrieb (24 h, 7 Tage) sicher.
  • Dezember 2011 - Sturmtief Dagmar, Skandinavien - Nachdem Sturmtief Dagmar über Skandinavien gezogen war, waren rund 270.000 Schweden und Norweger von Stromausfällen und zusammengebrochenen Kommunikations- und Stromleitungen betroffen. Rund 5.000 Funkamateure in Skandinavien nahmen den Notfunkbetrieb auf bzw. hielten sich in Bereitschaft.

Was kann Notfunk?

Drohnenaufnahme eines PKW-Brandes, übermittelt von DN0TEL

Drohnenaufnahme eines PKW-Brandes, übermittelt via SSTV von DN0TEL (Funkanhänger/Mobile Funkeinheit von Notfunk Deutschland e.V.)

Der Notfunk kann im Einsatz ein zusätzliches Funknetz zur Entlastung des behördeneigenen Funknetzes aufbauen oder materiell unterstützend wirken. Mögliche Tätigkeiten sind hierbei:

  • Besetzung vorgeplanter Punkte im Landkreis- oder Stadtgebiet als Anlaufstelle für die Bevölkerung und Weiterleitung von Notrufen aus der Bevölkerung.
  • Aufrechterhaltung der Kommunikation mit Sprechfunk, SSTV, ATV, APRS, PSK31, Packet-Radio und HAMNET.
  • Zur Verfügung-Stellen von Möglichkeiten, die der BOS-Funk nicht bietet - z.B. SSTV um bei einem Waldbrand Luftbilder von der Einsatzstelle an den Stab zu übermitteln.
  • Bei einer Evakuierung können Personen bei einem Funkamateur ihren Namen und die Telefonnummer eines Ansprechpartners hinterlassen, die werden dann via Sprechfunk/Funkfernschreiben/PSK31 etc. an einen zweiten Funkamateur oder über einen zweiten Funkamateur an eine Behörde/Hilfsorganisation außerhalb des Evakuierungsgebiets weitergeleitet und diese kontaktieren dann den Angehörigen und informieren darüber, dass die Person unverletzt ist.
  • Unterstützung der BOS mit Material (Antennentechnik etc.) und Fachwissen (z.B. Wellenausbreitung).

Welches Material sollte ich bereithalten?

Notfunkausrüstung

Die Ausrüstung soll es Ihnen ermöglichen, für mehrere Tage nicht auf die gewohnten Infrastrukturen (Strom, Wasser, Supermarkt, Telefon) angewiesen und für den Notfunk-Einsatz gerüstet zu sein.
  • Wichtige Papiere (Ausweis, Führerschein, Zulassung zum Amateurfunkdienst -> besser keine Originaldokumente sondern eine Kopie mit sich führen)
  • Wetterfeste Kleidung
  • Nahrungs- und Wasserversorgung (siehe die Broschüre "Für den Notfall vorgesorgt" des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe)
  • Uhr (vielleicht besser zwei - eine in der lokalen Zeit und eine in UTC)
  • Taschenlampe mit Batterien; Kerzen, Feuerzeug
  • Tragbares und batteriebetriebenes Radio, idealerweise sogar mit Kurbelbetrieb
  • Reservebatterien
  • Schreibzeug
  • Werkzeug (allgemeines Werkzeug und Werkzeug für die Funkgeräte)
  • Erste-Hilfe-Pack (Verbandstasche für Motorräder etc.)
  • Mobiltelefon (incl. Ladegerät) - besser wäre hier ein "gutes altes" Handy, kein Smartphone, da bei diesem im Normalfall der Akku wesentlich länger hält
  • Telefonliste der wichtigsten Ansprechpartner (Notfunkreferenten des DARC, Leitstellen von Feuerwehr, Rettungsdienst, Polizei etc.)

Notfunk-Station zu Hause

Eine Notfunk-Station zu Hause sollte mindestens so aussehen:
  • Funkgerät für Kurzwelle (100 Watt) und Ultrakurzwelle (ca. 50 Watt)
  • Handfunkgerät für Ultrakurzwelle (5 Watt)
  • Notstromversorgung (Stromaggregat, Autobatterie, Solaranlage)
  • Reservekabel und Antennen
  • Umgebungskarten und Schreibzeug
  • Relaislisten und Tabelle der Notfunk-Frequenzen

Notfunk-Stationen mobil

Eine mobile Notfunk-Station sollte folgende Eigenschaften haben:
  • Mobilfunkgerät mind. mit UKW (ca. 50 Watt)
  • Handfunkgerät für UKW (5 Watt)
  • (Ersatz-)Antennen und Portabelmast
  • Reservekabel
  • Reservebatterien / zweite Autobatterie
  • Reservekanister
  • Umgebungskarten und Schreibzeug
  • Relaislisten und Tabellen der Notfunk-Frequenzen
  • Absperrmaterial (zweites/evtl. drittes Warndreieck, Flatterband etc.)
Der Standort einer mobilen Notfunk-Station sollte sich selbstverständlich immer außerhalb der Gefahrenzone und an einer abgesicherten Stelle befinden!

Notfunkfrequenzen

Die IARU hat international Notfunkfrequenzen empfohlen, zusätzlich gibt es noch einige nationale Empfehlungen:
  • 160m-Band: 1 873 kHz (LSB - Deutschland, Österreich, Schweiz)
  • 80m-Band: 3 643 kHz (LSB - Deutschland, Österreich, Schweiz)
  • 80m-Band: 3 760 kHz (alle Betriebsarten - Aktivitätszentrum Notfunk Region 1)
  • 40m-Band: 7 085 kHz (LSB - Deutschland, Österreich, Schweiz)
  • 40m-Band: 7 110 kHz (alle Betriebsarten - Aktivitätszentrum Notfunk Region 1)
  • 30m-Band: 10 138 kHz (USB - Deutschland, Österreich, Schweiz)
  • 20m-Band: 14 180 kHz (USB - Deutschland, Österreich, Schweiz)
  • 20m-Band: 14 300 kHz (alle Betriebsarten - Aktivitätszentrum weltweiter Notfunk)
  • 17m-Band: 18 160 kHz (alle Betriebsarten - Aktivitätszentrum weltweiter Notfunk)
  • 15m-Band: 21 360 kHz (alle Betriebsarten - Aktivitätszentrum weltweiter Notfunk)
  • 10m-Band: 28 238 kHz (USB - Deutschland)
  • 2m-Band: 144,260 MHz (USB)
  • 2m-Band: 145,500 MHz (FM - Anruffrequenz, Kanal S20)
  • 2m-Band: 145,525 MHz (FM - Kanal S21)
  • 2m-Band: 145,550 MHz (FM - Kanal S22)
  • 70cm-Band: 433,500 MHz (FM - int. Anruffrequenz)
  • 70cm-Band: 434,000 MHz (FM - Deutschland, Österreich, Schweiz)

Aufnehmen und Absetzen eines Notrufes

Wenn Sie einen Notruf absetzen oder entgegennehmen möchten, um diesen weiterzuleiten ist es wichtig, das folgende Schema einzuhalten. Dies vereinfacht es, den Überblick über die Situation zu beahlten.

  • Wo ist etwas passiert?
  • Was ist passiert?
  • Wie viele Verletzte gibt es? Was wurde zerstört?
  • Welche Verletzungen/Gefahren gibt es?
  • Warten auf Rückfragen!
Wenn Sie einen Notruf aufnehmen, fragen Sie unbedingt nach dem Namen und dem Standort der Person, die Ihnen diesen Notruf meldet!
Notieren Sie immer Datum, Uhrzeit, Frequenz und Name! Geben Sie die Meldung dann an die zuständige Feuerwehr-/Rettungs-/Integrierte Leitstelle (112) oder an die Polizei (110) weiter!